Mehr Ertrag in Mischkulturen
Was für das Wiesland gilt, gilt offenbar auch für das Ackerland: Mischkulturen sind ertragreicher als Monokulturen. Das zeigt eine ETH-Forschungsgruppe um Christian Sch?b auf.
Heutzutage dominieren grossfl?chige Monokulturen das Ackerland. Angebaut werden (hoch)gezüchtete Sorten, die einen hohen Ertrag versprechen. Doch solche einheitlich bepflanzten Ackerfl?chen haben Nachteile: Pilze oder Insekten haben leichtes Spiel und bedrohen Ernten; um die Sch?dlinge in Schach zu halten, setzen Landwirte resistente Sorten und verschiedene Pestizide ein.
Eine m?gliche Alternative zu Monokulturen sind Mischkulturen. Dabei wird nicht nur eine Art oder Sorte grossfl?chig anges?t, sondern mehrere Arten oder Variet?ten nebeneinander. Doch solche Kulturen sind besonders im Ackerbau noch wenig erprobt und deshalb im Agrarland kaum zu sehen.
Nun zeigt ein Team um ETH-Professor Christian Sch?b auf, dass Mischkulturen im Ackerbau deutlich mehr Ertrag abwerfen als Monokulturen. Die entsprechende Studie ist soeben in der Fachzeitschrift ?Nature Plants? erschienen.
?kologisches Prinzip angewendet
Mischkulturen nützen ein ?kologisches Prinzip: ?kosysteme k?nnen ihre Funktionen besser erfüllen, wenn die biologische Vielfalt gross ist. Zu solchen Funktionen geh?ren die Regulierung des Wasserhaushalts, der Erhalt der Bodenfruchtbarkeit oder eine h?here Pflanzenproduktivit?t.
Das trifft auch für Agrar-?kosysteme zu: ?Forschung in landwirtschaftlich genutztem Wiesland hat gezeigt, dass vielf?ltigere Wiesen produktiver sind als solche, die nur aus einer oder wenigen anges?ten Arten zusammengesetzt sind?, sagt Sch?b.
Für den Ackerbau habe es bislang kaum vergleichbare Studien gegeben. Er und seine Mitarbeitenden haben deshalb untersucht, ob der grundlegende ?kologische Mechanismus auch im Ackerbau zum Tragen kommt, und zwar insbesondere in Bezug auf den Ertrag.
Die Forscher legten zwei Experimentalg?rten an: einen in der Schweiz auf dem Irchel-竞彩足球app,竞彩投注app der Universit?t Zürich, und einen in der spanischen Provinz Extremadura. Dort ist es viel trockener und w?rmer als in Zürich, was den Forschenden erlaubte, das Wachstum der Nutzpflanzen unter m?glichen zukünftigen Klimabedingungen zu studieren.
Schon Zweiermischungen werfen mehr Ertrag ab
In ihrem Experiment testeten die Forschenden von acht ausgew?hlten Arten jeweils Mischungen aus zwei respektive vier verschiedenen Nutzpflanzen, wie Weizen, Hafer, Quinoa, Linsen, Lupine, Lein und Leindotter (eine ?lsaat ?hnlich wie Raps) sowie Koriander. Von all diesen Arten werden nur die Samen genutzt. Ausges?t wurden die Pflanzen wechselweise in parallelen Streifen mit 12 Zentimeter Abstand dazwischen.
Schliesslich verglichen sie die Samenmasse der Pflanzen aus Mischkulturen mit derjenigen aus Monokulturen. Weiter massen die Forschenden auch die übrige oberirdische Biomasse der Pflanzen.
Das Resultat ist deutlich: Schon ab Mischungen von zwei Arten stieg der Ertrag gegenüber dem Anbau in Monokultur um 3 Prozent in Spanien und um 21 Prozent in der Schweiz. S?ten die Forschenden vier Arten nebeneinander an, betrug der Mehrertrag sogar 13 beziehungsweise 44 Prozent in Spanien und der Schweiz.
Den erzielten Mehrertrag erkl?ren sich die Forschenden vor allem mit dem Biodiversit?tseffekt: Eine h?here Vielfalt erlaubt eine bessere Ausnutzung der verfügbaren Ressourcen und eine bessere, natürliche Sch?dlingskontrolle – die Experimente wurden pestizidfrei durchgeführt.
Eine Zweiarten-Mischung mit zwei alternierenden Reihen von Lein und Koriander in Spanien. Eine Zwei-Artenmischung mit zwei alternierenden Reihen von Hafer und Blauer Lupine in Spanien. Das Nutzpflanzen-Diversit?tsexperiment im Versuchsgarten der Universit?t Zürich auf dem Irchel 竞彩足球app,竞彩投注app. Vorbereitung der Aussaat des Nutzpflanzen-Diversit?tsexperiments in vier Reihen pro Versuchsfl?che. Keimung der Nutzpflanzen im Diversit?tsexperiment in Spanien.
Pflanzen investieren viel in Bl?tter und St?ngel
Die Forscher stellten jedoch auch fest, dass die Pflanzen in Mischkulturen mehr Bl?tter oder St?ngel bildeten als in Monokulturen. Sie investierten also mehr Energie und Material in die Produktion von vegetativer Biomasse und im Verh?ltnis dazu weniger in die Samenproduktion. Die Pflanze mache einen Kompromiss, erkl?rt Sch?b, je mehr sie in vegetative Biomasse hineinstecke, desto mehr fahre sie die Investitionen in ihre Samen herunter. ?Trotz allem resultierte unter dem Strich mehr Samenertrag als in einer Monokultur?, so der Agrarforscher.
Der Effekt, dass die Pflanzen mehr Energie in den Aufbau von vegetativer Biomasse investierten, führt er auf die in den Versuchen verwendeten Sorten zurück: ?Das Saatgut ist für Monokulturen gezüchtet, dass also der Ertrag optimal ist, wenn diese Pflanzen nur unter ihresgleichen wachsen.?
Sch?b h?lt es deshalb für wahrscheinlich, dass das Potenzial für Mehrertrag mit Saatgut, das an Mischkulturen angepasst ist, noch besser ausgesch?pft werden kann.
Im Lauf der Zeit hat der Mensch die meisten Kulturpflanzen auf grosse Früchte und mehr Ertrag unter Monokulturbedingungen gezüchtet. So sind moderne Tomaten riesig gross, die Früchte von Wildtomaten hingegen klein wie Heidelbeeren. Damit Nutzpflanzen in Mischkulturen den optimalen Ertrag erbringen, müssen g?ngige Züchtungsmethoden – die auf den Anbau in Monokulturen abzielen – angepasst werden.
Eigenes Saatgut gewinnen und testen
Zurzeit gebe es jedoch keinen Saatgutproduzenten, der Samen spezifisch für den Einsatz in Mischkulturen auf dem Markt hat. Die Forschenden sind deshalb daran, Saatgut aus den eigenen Versuchen zu gewinnen und zu testen. ?Wir m?chten unsere Experimente mit diesem selbst erzeugtem Saatgut wiederholen, um zu erkennen, ob die Selektion in einer Mischkultur im wahrsten Sinn des Wortes Früchte tr?gt?, betont Sch?b.
Damit die Mischkultur den Durchbruch schafft, ist aber auch eine Umstellung in der landwirtschaftlichen Praxis n?tig. Unter anderem braucht es Maschinen, die gleichzeitig verschiedene Nutzpflanzen ernten und das Erntegut trennen k?nnen. ?Solche Maschinen gibt es bereits, aber sie sind noch die Ausnahme und teuer, wohl weil sie bislang wenig nachgefragt wurden?, sagt der ETH-Forscher. In Kombination mit optimiertem Saatgut und geeigneten Maschinen k?nnte die Mischkultur für viele Landwirte eine echte Option für die Zukunft sein.
Diese Forschungsarbeit wurde finanziert durch den Schweizerischen Nationalfonds.
Literaturhinweis
Chen JG, Engbersen N, Stefan L, Schmid B, Sun H, Sch?b C: Diversity increases yield but reduces reproductive effort in crop mixtures, Nature Plants, 2021, online publiziert 24. Juni. Doi: externe Seite 10.1038/s41477-021-00948-4
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