Zertifikatspflicht: Der Weg zurück zum Präsenzunterricht
Die Ankündigung, die Zertifikatspflicht einzuführen, wird an der ETH Zürich von den Vereinigungen der Studierenden und Dozierenden begrüsst als der Weg zum Pr?senzunterricht. Die Umsetzung ist eine Herausforderung, wie Rektorin Sarah Springman sagt.
Frau Springman, der Artikel über die Einführung der Zertifikatspflicht von letztem Freitag hat grosse Wellen geworfen. Neben vielen zustimmenden Kommentaren sind auch kritische eingegangen, die der ETH vorwerfen, faktisch eine Impfpflicht für Studierende einzuführen. Was sagen Sie dazu?
Sarah Springman: Die Zertifikatspflicht ist nicht mit einer Impfpflicht gleichzusetzen. Wer keine Covid-Erkrankung durchmachen musste, hat neben der Impfung die M?glichkeit, sich testen zu lassen, um ein Zertifikat zu erlangen. Doch wir sind uns bewusst, dass dies ein ziemlicher Aufwand ist, weil das Zertifikat aufgrund eines negativen Antigentests nur zwei Tage gültig ist.
W?re es nicht ohne Zertifikat gegangen, um allen Studierenden einen gleichwertigen Zugang zum Studium zu bieten?
Springman: Vor dem Entscheid der Schulleitung, die Zertifikatspflicht einzuführen, haben viele Dozierende Bedenken ge?ussert, Pr?senzvorlesungen anzubieten. Zudem h?tten wir mit einer alleinigen Maskenpflicht die H?rs?le de facto nur zu 50% auslasten k?nnen. Das heisst, alle Studierende h?tten ein vermindertes Pr?senzangebot erhalten und zudem nur jede zweite Woche an die ETH kommen k?nnen. Nachdem wir drei Semester über weite Strecken mit Online-Unterricht bestritten haben, ist es allen Beteiligten das oberste Anliegen, das Herbstsemester mit m?glichst viel Pr?senz zu starten. Denn der Online-Unterricht hat dazu geführt, dass viele Studierende nicht wirklich Fuss fassen konnten. Zudem wissen wir, dass auch die psychische Gesundheit der Studierenden in den letzten eineinhalb Jahren gelitten hat. Hinter dem Zertifikatsentscheid steht die ganze ETH, namentlich der Studierendenverband VSETH, die Mittelbauvereinigung AVETH, die Konferenz des Lehrk?rpers sowie die Hochschulversammlung, aber auch die Studiendirektorinnen und -direktoren.
Dennoch: Manche Kommentare werfen der ETH vor, Menschen zu diskriminieren, die sich nicht impfen lassen wollen. Was entgegnen Sie ihnen?
Springman: Es geht hier nicht um Diskriminierung. Wir sind eine inklusive Institution und leben unsere Werte. Doch über die ganze ETH betrachtet kommen wir mit der Zertifikatsl?sung auf viel mehr Pr?senzstunden als mit der alleinigen Maskenpflicht. Wer sich nicht impfen oder testen lassen will, hat aber die M?glichkeit, praktisch alle Veranstaltungen online zu besuchen. Alle anderen erhalten dank Zertifikat und Maskenpflicht wieder die Gelegenheit, regelm?ssig Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu treffen und sich zu Lerngruppen zusammenzuschliessen. Wir wollen verhindern, dass Geimpfte durch individuelle Entscheide von Nichtgeimpften Nachteile in Kauf nehmen müssen.
Wie meinen Sie das?
Wer sich impfen l?sst, schützt nicht nur sich selbst. Geimpfte tragen insbesondere auch dazu bei, dass die Spit?ler nicht überlastet werden. Zudem ist die Covid-Impfung die wesentliche verfügbare Massnahme, um die Pandemie einzud?mmen. Geimpfte leisten einen solidarischen Beitrag gegenüber der Gesellschaft, die sich seit eineinhalb Jahren in einer Ausnahmesituation befindet. Deshalb hat die Schulleitung schon frühzeitig allen ETH-Angeh?rigen empfohlen, sich impfen zu lassen.
Was raten Sie konkret Studierenden, die Angst vor einer Impfung haben?
Springman: Zun?chst rate ich ihnen, sich eingehend mit der Frage des Impfens zu besch?ftigen und die unterschiedlichen Stimmen zu gewichten. Sinnvoll ist sicher auch, mit einer fachlichen Vertrauensperson, beispielsweise der Haus?rztin, darüber zu sprechen. Wer sich nach Abw?gung aller Argumente nicht impfen lassen will, hat die M?glichkeit, sich testen zu lassen. Dies gilt vor allem für Veranstaltungen, die eine Pr?senz voraussetzen, insbesondere die experimentelle Lehre, aber auch die Leistungskontrollen.
Nun gibt es auch Studierende, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen k?nnen…
Springman: Diesen Studierenden stehen für das Studium die gleichen M?glichkeiten offen. Wir fragen nicht danach, ob sich jemand nicht impfen lassen will oder ob er oder sie nicht impfen kann. Der Bund bietet für Menschen, die ein ?rztliches Attest vorzeigen k?nnen, auch über den 1. Oktober hinaus kostenlose Tests an.
Damit sprechen Sie gleich eine n?chste Frage an: ?bernimmt die ETH die Kosten für den Test?
Springman: Bis Ende September übernimmt der Bund die Kosten für die Tests. Auf politischer Ebene sind Bestrebungen im Gang, die Dauer für diese Gratistests auszudehnen. Parallel dazu suchen wir auch ETH-intern nach sozialvertr?glichen L?sungen. Allerdings ist dazu noch nichts spruchreif. Was aber bereits feststeht: Ab Semesterbeginn werden bis auf Weiteres auf den 竞彩足球app,竞彩投注app Zentrum und H?nggerberg Testcenter bereitstehen.
Kommen wir zurück auf die Zertifikatspflicht: ETH-Angeh?rige, die sich in der Schweiz impfen lassen, erhalten automatisch ein Zertifikat. Wie sieht das aber für jene aus, die im Ausland geimpft wurden?
Wir anerkennen alle in- und ausl?ndischen Zertifikate und Impfnachweise, sofern der Impfstoff die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) definierten Ausnahmeregelungen zur Befreiung von den geltenden grenzsanitarischen Massnahmen erfüllt. Dazu geh?ren auch Sinopharm und Sinovac.
Wie wird die Zertifikatspflicht durchgesetzt?
Wir werden diese stichprobenm?ssig überprüfen, mit Augenmass, ohne den Unterricht zu st?ren. Studierende, aber auch Mitarbeitende, die sich in Pr?senz-Veranstaltungen aufhalten, müssen das Zertifikat, beziehungsweise den Impfnachweis, mitführen und ihre Identit?t durch ein Ausweisdokument best?tigen k?nnen. Das kann auch die ETH-Karte sein.
Wird es auch Sanktionen geben, wenn jemand trotz fehlendem Zertifikat eine Vorlesung besucht?
Sanktionen behalten wir uns auf jeden Fall vor. Doch wir gehen davon aus, dass dies nicht n?tig sein wird, da wir unsere Studierenden als sehr vernünftig und verantwortungsvoll kennen. Wir müssen generell aufpassen, dass wir durch die Detaildiskussionen rund um die Zertifikatspflicht unseren Blick nicht trüben lassen. Dank ihr k?nnen die allermeisten Studierenden ein fast normales Herbstsemester mit viel Pr?senzunterricht absolvieren. Erm?glicht wurde das durch gewaltige Extraleistungen von vielen ETH-Mitarbeitenden, denen ich meinen gr?ssten Dank ausspreche. Es hat sich einmal mehr gezeigt – und wird sich zeigen: Gemeinsam schaffen wir das.
Weitere Informationen
Impfnachweis: Die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) definierten Ausnahmeregelungen zur Befreiung von den geltenden grenzsanitarischen Massnahmen finden Sie externe Seite hier.
Testcenter: Vom 20.9.2021 bis auf Weiteres stehen im Zentrum (HG D64.1) und auf dem H?nggerberg (HPI D8.3) Testcenter zur Verfügung, in dem sich ETH-Angeh?rigen, die nicht geimpft oder genesen sind, gratis testen lassen k?nnen. Zus?tzlich k?nnen sich ETH-Angeh?rige auch PCR-Speicheltests im Rahmen des Programms CoVMass unterziehen.
Impfmobil: Im September bietet das Impfmobil des Kantons Zürich auf den 竞彩足球app,竞彩投注app der ETH und der Universit?t Zürich Impfungen an. Alle Informationen dazu finden Sie im Artikel ?Das COVID-19-Impfmobil kommt an die ETH?.