Eisen als günstiger Wasserstoffspeicher
ETH-Forschende verwenden Eisen, um Wasserstoff sicher und langfristig zu speichern. Die Technologie k?nnte in Zukunft für die saisonale Energiespeicherung eingesetzt werden.
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In Kürze
- Wasserstoff zu speichern ist teuer und ineffizient. ETH-Forschende zeigen in einer Pilotanlage auf dem ETH-竞彩足球app,竞彩投注app H?nggerberg, dass sich das bald ?ndern k?nnte.
- In drei Kesseln lassen die Forschenden den Wasserstoff mit Eisenoxid reagieren. Das dabei entstehende Eisen l?sst sich gut speichern und wieder in Wasserstoff und Eisenoxid zurückverwandeln.
- Bis 2026 soll die Pilotanlage erweitert werden, um im Winter ein Fünftel des Strombedarfs des 竞彩足球app,竞彩投注app H?nggerberg mit Solarstrom zu decken.
Bis 2050 soll Photovoltaik über 40 Prozent des Schweizer Strombedarfs decken. Doch Solarstrom fliesst nicht immer dann, wenn man ihn braucht: Im Sommer gibt es zu viel davon und im Winter, wenn die Sonne seltener scheint und W?rmepumpen auf Hochtouren laufen, zu wenig. Gem?ss der Energiestrategie des Bundes will die Schweiz die Winterstromlücke mit einer Kombination aus Importen, Wind- und Wasserkraft sowie durch alpine Solaranlagen und Gaskraftwerke schliessen.
Eine M?glichkeit, den Anteil der Importe und von Gaskraftwerken im Winter m?glichst klein zu halten, ist die Produktion von Wasserstoff aus günstigem Solarstrom im Sommer, der dann im Winter verstromt werden k?nnte. Doch Wasserstoff ist hochentzündlich, extrem flüchtig und macht viele Materialien spr?de. Um das Gas vom Sommer bis in den Winter zu speichern, sind spezielle Druckbeh?lter und Kühltechniken erforderlich. Diese ben?tigen viel Energie und der Bau der Speicheranlagen ist aufgrund der vielen Sicherheitsvorkehrungen sehr teuer. Zudem sind Wasserstofftanks nie ganz dicht, was die Umwelt belastet und zus?tzliche Kosten verursacht.
ETH-Forschende um Wendelin Stark, Professor für funktionale Materialien am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften, haben nun eine neue Speichertechnik entwickelt, um Wasserstoff saisonal zu speichern. Diese Art der Speicherung ist viel sicherer und günstiger als bestehende L?sungen. Dazu nutzen die Forschenden eine bekannte Technologie und das vierth?ufigste Element der Erde: Eisen.
Chemische Speicherung
Um Wasserstoff besser speichern zu k?nnen, stützen sich Stark und sein Team auf das Eisen-Dampf-Verfahren, das bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt ist. Wenn in den Sommermonaten zu viel Solarstrom vorhanden ist, kann damit Wasser aufgespalten werden, um Wasserstoff zu erzeugen. Dieser Wasserstoff wird dann in einen 400 Grad Celsius heissen Edelstahlkessel geleitet, der mit natürlichem Eisenerz gefüllt ist. Dort entzieht der Wasserstoff dem Eisenerz – das chemisch nichts anderes ist als Eisenoxid – den Sauerstoff, wodurch elementares Eisen und Wasser entstehen.
?Dieser chemische Prozess gleicht dem Aufladen einer Batterie. So kann die Energie des Wasserstoffs fast verlustfrei über lange Zeit als Eisen und Wasser gespeichert werden?, erkl?rt Stark. Wird die Energie im Winter wieder ben?tigt, drehen die Forscher den Prozess um: Sie leiten heissen Wasserdampf in den Kessel, wodurch aus dem Eisen und Wasser wieder Eisenoxid und Wasserstoff entstehen. Der Wasserstoff kann dann in einer Gasturbine oder Brennstoffzelle in Strom oder W?rme umgewandelt werden. Um für den Entladevorgang m?glichst wenig Energie zu brauchen, wird die Abw?rme der Entladereaktion genutzt, um den Wasserdampf zu erzeugen.
Billiges Eisenerz trifft teuren Wasserstoff
?Der grosse Vorteil der Technologie ist, dass das Ausgangsmaterial Eisenerz einfach und in grossen Mengen zu beschaffen ist. Zudem müssen wir es nicht einmal aufbereiten, bevor wir es in den Kessel geben?, sagt Stark. Die Forschenden gehen zudem davon aus, dass man weltweit grosse Eisenerz-Speicher bauen k?nnte, ohne den Weltmarktpreis von Eisen substanziell zu beeinflussen.
Auch der Kessel, in dem die Reaktion stattfindet, muss keine besonderen Sicherheitsauflagen erfüllen. Er besteht aus nur sechs Millimeter dicken Edelstahlw?nden. Die Reaktion l?uft unter normalem Druck ab und die Speicherkapazit?t steigt mit jedem Zyklus. Der Kessel mit Eisenoxid kann für beliebig viele Speicherzyklen wiederverwendet werden, ohne dass man das Eisenoxid austauschen muss. Ein weiterer Vorteil der Technologie ist, dass die Forschenden die Speicherkapazit?t leicht vergr?ssern k?nnen. Man muss nur gr?ssere Kessel bauen und mehr Eisenerz einfüllen. Alle diese Vorteile machen die Speichertechnologie sch?tzungsweise rund zehn Mal günstiger als bestehende Verfahren.
Die Verwendung von Wasserstoff hat jedoch auch einen Nachteil: Seine Herstellung und Umwandlung sind im Vergleich zu anderen Energietr?gern ineffizient, da dabei bis zu 60 Prozent der Energie verloren geht. Wasserstoff ist daher als Speichermedium vor allem dann interessant, wenn genügend Wind- oder Solarstrom vorhanden ist und andere Optionen nicht in Frage kommen. Dies ist vor allem bei industriellen Verfahren der Fall, die nicht elektrifiziert werden k?nnen.
Pilotanlage am 竞彩足球app,竞彩投注app H?nggerberg
Die technische Machbarkeit der Speichertechnologie haben die Forschenden anhand einer Pilotanlage am 竞彩足球app,竞彩投注app H?nggerberg demonstriert. Diese besteht aus drei 1,4 Kubikmeter grossen Edelstahlkesseln, die die Forschenden mit jeweils zwei bis drei Tonnen am Markt erh?ltlichen, unbehandeltem Eisenerz gefüllt haben.
?Die Pilotanlage kann langfristig rund zehn Megawattstunden Wasserstoff speichern. Je nachdem wie man den Wasserstoff in Strom umwandelt, werden daraus vier bis sechs Megawattstunden Strom?, erkl?rt Samuel Heiniger, Doktorand in der Forschungsgruppe von Wendelin Stark. Dies entspricht dem Strombedarf von drei bis fünf Schweizer Einfamilienh?usern in den Wintermonaten. Die Anlage l?uft aktuell noch mit Strom aus dem Netz und nicht mit dem auf dem 竞彩足球app,竞彩投注app H?nggerberg gewonnenen Solarstrom.
Das soll sich bald ?ndern: Bis 2026 wollen die Forschenden die Anlage ausbauen und ein Fünftel des Strombedarfs des ETH 竞彩足球app,竞彩投注app H?nggerberg im Winter mit eigenem Solarstrom aus dem Sommer decken. Dafür w?ren Kessel mit einem Volumen von 2’000 Kubikmeter n?tig, die rund vier Gigawattstunden grünen Wasserstoff speichern k?nnen. Nach seiner Umwandlung in Strom würde der gespeicherte Wasserstoff rund zwei Gigawattstunden Strom liefern. ?Diese Anlage k?nnte als saisonaler Energiespeicher einen kleinen alpinen Stausee ersetzen. Zum Vergleich: Dies w?re etwa ein Zentel der Kapazit?t des Pumpspeicherkraftwerkes Nant de Drance?, sagt ETH-Professor Stark. Zudem würden bei der Entladung zwei Gigawattstunden W?rme anfallen, die die Forschenden in das Heizungssystem des 竞彩足球app,竞彩投注app’ integrieren wollen.
Serie ?Energiel?sungen für die Schweiz?
Die Schweiz soll bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen auf Netto-Null reduzieren. Dies erfordert eine fossilfreie Energieversorgung, die auf erneuerbaren und nachhaltigen Energiequellen beruht – eine enorme Herausforderung für das Land. Die ETH Zürich mit seinem Energy Science Center unterstützt die Energiewende in der Schweiz mit konkreten L?sungen aus den Bereichen Forschung, Lehre und Wissenstransfer.
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Gut skalierbar
Doch würde die Technologie auch für die saisonale Energiespeicherung der gesamten Schweiz funktionieren? Die Forschenden haben dazu erste Berechnungen angestellt: Würde die Schweiz in Zukunft jedes Jahr rund zehn Terrawattstunden Strom aus saisonalen Wasserstoffspeichern beziehen – was zugegebenermassen sehr viel w?re – w?ren dafür etwa 15 bis 20 TWh grüner Wasserstoff und etwa 10'000'000 Kubikmeter Eisenerz notwendig. ?Diese Menge an Eisen entspricht etwa zwei Prozent dessen, was Australien, der gr?sste Produzent von Eisenerz, jedes Jahr abbaut?, erkl?rt ETH-Professor Stark. Zum Vergleich: Das Bundesamt für Energie rechnet in seinen Energieperspektiven 2050 mit einem Gesamtstromverbrauch von rund 84 TWh im Jahr 2050.
Würde man Tanks bauen, die je etwa eine Gigawattstunde Strom speichern k?nnen, h?tten diese ein Volumen von rund 1000 Kubikmetern. Dafür wird Bauland von etwa 100 Quadratmetern ben?tigt. Von diesen Speichertanks müsste die Schweiz rund 10’000 bauen, um im Winter zehn Terrawattstunden (TWh) Strom zu beziehen, was etwa einer Fl?che von einem Quadratmeter pro Einwohner entspricht.
Coalition for Green Energy and Storage (CGES)
Dieses Projekt ist Teil der ?Coalition for Green Energy and Storage? (CGES), das die ETH Zürich 2023 gemeinsam mit der EPFL, dem PSI und der Empa lanciert hat und zusammen mit Industriepartnern – unter anderen grosse Schweizer Energieversorger – und Beh?rden vorantreibt. Die Koalition hat sich das Ziel gesetzt, innovative Technologien zur Produktion und Speicherung von kohlenstoffneutralen Gasen und Treibstoffen und zur CO2-Abscheidung schnell zur Marktreife zu bringen. So sollen im Rahmen von CGES gr?ssere Pilotanlagen (?Katapulte?) gebaut werden, um diese Technologien zu erproben und wichtige Beitr?ge zur klimaneutralen Transformation des Energiesystems und zur Versorgungssicherheit zu leisten. In einem n?chsten Schritt soll ein Verein gegründet werden, der interessierte Stakeholder vernetzt, sie wissenschaftlich unterstützt und begleitet und die Umsetzung von Projekten erm?glicht.
Literaturhinweis
Literature: Heiniger, SP; Fan Z; Lustenberger UB, Stark WJ: Safe seasonal energy and hydrogen storage in a 1?:?10 single-household-sized pilot reactor based on the steam-iron process. Sustainable Energy & Fuels 2024, 8 (1), 125-132. externe Seite https://doi.org/10.1039/D3SE01228J